Haltung von exotischen Heimtieren

Exotische Heimtiere wie Reptilien, Amphibien, Zierfische, Ziervögel oder Spinnen sind – dem internationalen Trend entsprechend – auch in der Schweiz sehr beliebt. Die Haltung von Exoten ist jedoch äusserst anspruchsvoll. Vertiefte Kenntnisse über die Bedürfnisse und das natürliche Verhalten der Tiere sind für deren Wohlbefinden unerlässlich. 

Text: Dr. iur. Gieri Bolliger und Dr. iur. Michelle Richner   Fotos: pixabay

Tiere, die nicht domestiziert worden und in ihren Verhaltensweisen sowie ihrer Populationsdynamik vom Menschen weitgehend unabhängig geblieben sind, gelten als «Wildtiere» (als Gegenstück zu den «Haustieren»). Wildtiere leben aber nicht nur in freier Natur. Obwohl sie oftmals kaum an ein Leben in menschlicher Obhut angepasst sind, werden sie in zunehmender Zahl auch privat als Heimtiere gehalten. Exoten sind dabei besonders beliebt.

Anspruchsvolle Haltungsbedingungen

Trotz ihrer Popularität wird häufig unterschätzt, wie anspruchsvoll die Haltung von exotischen Tieren eigentlich ist. So beispielsweise sind Reptilien und Amphibien als wechselwarme Tiere, die ihre Körpertemperatur selbst nicht konstant halten können, stark von den klimatischen Bedingungen ihrer Umgebung abhängig. Und die meisten von ihnen sind nicht an die hier herrschenden Klima- und Umweltbedingungen gewöhnt. Ihre Haltung muss daher sehr gut geplant und auf die jeweilige Tierart und ihre individuellen Bedürfnisse (etwa hinsichtlich Luft-, Feuchtigkeits- und Wasserqualität, Temperatur, UV-Licht und Nahrung) abgestimmt werden. Selbstverständlich spielen auch die Grösse und Strukturierung von Terrarien sowie der Umgang mit Reptilien und Amphibien eine wesentliche Rolle. Für die auf Erschütterungen besonders sensibel reagierenden Tiere stellen vor allem auch Transporte eine grosse Belastung dar.

Fehlende Ausdrucksmittel

Reptilien und Amphibien verfügen zwar über eine hochentwickelte Empfindungsfähigkeit, ihre Möglichkeiten zur Schmerzäusserung sind jedoch stark limitiert. Aufgrund fehlender stimmlicher und mimischer Ausdrucksmittel ist das Feststellen von Leiden, Schmerzen und Erkrankungen bei vielen Terrarientieren ungleich schwieriger als bei Säugetieren. Zwar reagieren Reptilien und Amphibien physiologisch auf Schmerzen, doch sind die entsprechenden Indi-katoren in der Regel nur von Fachpersonen zu erkennen. Es erstaunt daher nicht, dass sowohl Tierhaltende als auch Tierärzte mit der Beurteilung von Exoten und ihrer Haltung häufig überfordert sind. Die Gefahr, dass die Tiere stumm und ausdruckslos unter falschen Haltungsbedingungen leiden, ist deshalb sehr gross. Um ihr Wohlbefinden richtig zu beurteilen, sind Kriterien wie Bewegungsfreude, Futteraufnahme, Hautfärbung, Körperhaltung etc. heranzuziehen, was viel Erfahrung und Aufmerksamkeit erfordert.

Keine Gesetzesvorschriften betreffend Wirbellose

Besondere Kenntnisse erfordert vor allem auch die Haltung von wirbellosen Tieren. Weil sich das Schweizer Tierschutzrecht weitgehend auf Wirbeltiere beschränkt, gibt es keine verbindlichen Vorgaben über die Haltung von Spinnen, Skorpionen oder Insekten. Viele von ihnen werden aufgrund des fehlenden Wissens ihrer Halter unter nicht artgerechten Bedingungen in viel zu kleinen Terrarien gehalten. Bei exotischen Wirbeltieren sind bei der Haltung hingegen in jedem Fall die allgemeinen Tierhalterpflichten und die in der Tierschutzverordnung vorgeschriebenen Mindestgrössen und -ausgestaltungen für Gehege zu beachten.
Da eine artgerechte Haltung nach den gesetzlichen Mindestvorschriften aber kaum möglich ist, sollten die vorgeschriebenen Werte deutlich überschritten werden.

Verbot der Lebendfütterung

Das Verfüttern lebender Wirbeltiere ist gesetzlich verboten. Dies gilt beispielsweise für Mäuse und anderemFuttertiere, die als Nahrung für privat gehaltene Reptilien wie Schlangen etc. vorgesehen sind. Das Tierschutzrecht erlaubt die Lebendfütterung einzig für Wildtiere, die ein normales Fang- und Tötungsverhalten zeigen und deren Ernährung mit toten Tieren oder anderem Futter nicht sichergestellt werden kann, wobei der entsprechende Nachweis vom Tierhalter erbracht werden muss. Lebende Tiere dürfen zudem nur dann an Wildtiere verfüttert werden, wenn entweder eine Auswilderung vorgesehen ist oder das Wildtier mit dem Beutetier im gleichen Gehege gehalten wird. In diesem Fall muss das Gehege aber natürlich auch für das Beutetier tiergerecht eingerichtet sein und ihm etwa Unterschlupf und Ausweichmöglichkeiten bieten. Solche Verhältnisse können in aller Regel nur von zoologischen Gärten – nicht aber in Terrarien von Privathaltern – sichergestellt werden.

Bewilligungspflicht für private Wildtierhaltungen

Weil exotische Wildtiere einem erhöhten Risiko ausgesetzt sind, dass ihnen durch falsche Haltung Schmerzen und Leiden zugefügt werden, bedarf es für die Haltung vieler Arten einer Bewilligung des kantonalen Veterinärdiensts. Dies gilt unter anderem für Leguane, Chamäleons, bestimmte Giftschlangen, mehr als drei Meter lange Riesenschlangen oder Fische, die in freier Natur länger als einen Meter werden können. Die Haltebewilligung muss in jenem Kanton beantragt werden, in dem die Tiere gehalten werden sollen. Die Erteilung ist von bestimmten Voraussetzungen abhängig; verlangt werden unter anderem eine tiergerechte Haltung und eine Unterkunft, die bezüglich Grösse, Schutz- und Futterplätzen den gesetzlichen Anforderungen entspricht.

Die Bewilligung kann ausserdem mit Bedingungen und Auflagen (etwa bezüglich Tierart, Anzahl Tiere, Haltung, Fütterung, Pflege oder tierärztliche Betreuung) verbunden werden. Zudem muss man sich vorab darüber informieren, ob neben tierschutzrechtlichen Voraussetzungen auch naturschutz-, jagdrechtliche und sicherheitspolizeiliche Vorgaben bestehen. Dabei ist auch das kantonale Recht zu beachten, das unter anderem Regelungen für die Haltung gefährlicher Tiere wie Spinnen, Skorpione oder Giftschlangen vorsehen kann. So beispielsweise ist in einigen Kantonen eine Haftpflichtversicherung für das Halten von gefährlichen Wildtieren vorgeschrieben.

Ausbildungspflicht für Halter

Wie gesehen stellt die Exotenhaltung in vielerlei Hinsicht eine grosse Herausforderung dar. Wer bewilligungspflichtige Tiere hält, muss deshalb eine Ausbildung absolvieren, deren Umfang davon abhängt, wie anspruchsvoll die Haltung der betreffenden Art ist. Je nach Haltungsanforderungen ist hierfür ein Sachkundenachweis (SKN) oder eine sogenannte fachspezifische berufsunabhängige Ausbildung (FBA) abzulegen. Letztere ist für sehr anspruchsvolle Tiere, wie etwa Riesen- und Meeresschildkröten oder Krokodile, vorgesehen. Selbstverständlich sind jedoch auch bei der Haltung nicht-bewilligungspflichtiger Tiere die gesetzlichen Haltervorschriften einzuhalten.

Artenschutz- und Naturschutzprobleme

Mit der steigenden Nachfrage hat in den vergangenen Jahren auch der Handel mit exotischen Wildtieren stark zugenommen. Die Tiere werden in ihren Ursprungsländern meist aus der freien Natur entnommen. Sowohl der Fang als auch der Transport in die westlichen Nationen erfolgen häufig unter tierschutzwidrigen Bedingungen.

Viele auf dem internationalen Markt gehandelte Tierarten sind in ihren Beständen gefährdet oder sogar akut vom Aussterben bedroht. Trotz gesetzlicher Regulierung und behördlicher Kontrollen tauchen auf dem Heimtierexotenmarkt ständig neue Tierarten auf, die den illegalen Handel weltweit florieren lassen. Schätzungsweise ein Drittel des weltweiten Tierhandels betrifft Arten, die eigentlich durch internationales Recht geschützt sind, mit denen also entweder gar nicht oder nur mit offiziellen Dokumenten gehandelt werden dürfte. Andere Arten sind nur in ihren Herkunftsländern geschützt, nicht jedoch auf grenzüberschreitender Ebene, sodass sie letztlich dennoch dem Handel zugeführt und beispielsweise in der Schweiz als Heimtiere verkauft werden. Angeboten werden die Tiere in der Regel über Kleinanzeigen oder im Internet.

Aus Gründen des Tier- und Artenschutzes ist die Haltung von exotischen Tieren höchstens dann vertretbar, wenn ihren natürlichen Bedürfnissen und Verhaltensweisen ausreichend Beachtung geschenkt wird und die Tiere aus ausgewiesenen und streng kontrollierten Schweizer Nachzuchten stammen. Käufer sollten sich daher vor dem Kauf beim Tierarzt, bei Zuchtvereinen oder seriösen Zuchtgeschäften erkundigen, ob die Tiere auch tatsächlich aus einer hiesigen Nachzucht stammen, und eine Nachzuchtbestätigung verlangen.

Stiftung für das Tier im Recht (TIR)

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