Magendrehung bei grossen Hunderassen ist ein Risiko

Magendrehung bei Hunden

Viele Besitzer grosser Hunde fürchten sich zu Recht vor einer Magendrehung. Bei der Magendrehung handelt es sich um eine sehr schnelle und häufig dramatisch verlaufende Erkrankung. Ohne rechtzeitige Therapie und Operation hat die Magendrehung eine hohe Sterblichkeit und verläuft bei zu spätem Erkennen und unsachgemässer Behandlung schnell tödlich.

Text: Dr. med. vet. FVH Luzia Klauser   Titelbild: Fiene/stock.adobe.com

Was passiert bei einer Magendrehung?

Man vermutet, dass der Magen zuerst aufgast und das Gas durch eine funktionelle oder mechanische Störung nicht adäquat entweichen kann. Der Magen, der relativ locker wie ein Beutel zwischen Speiseröhre und Dünndarm hängt, dreht sich in ­ der Folge um seine eigene Achse. Dies schnürt ­den Mageneingang und -ausgang ebenso wie Blut­gefässe ab. Die Verdauungsgase können nicht mehr entweichen und der Magen gast weiter auf. Das Blut kann nicht mehr richtig zirkulieren, da ­der grosse Magen auf die hintere Hohlvene drückt. Das Blut gelangt von der hinteren Körperhälfte nicht mehr zum Herzen zurück und es kommt zum Kreislaufschock. Nicht nur der Magen, sondern auch andere wichtige Organe sind von dieser Unterversorgung betroffen. Die Milz liegt eng am Magen an, durch die Magendrehung reissen die vielen kleinen Gefässe, welche zwischen Milz und Magen bestehen, es kann zu kleinen Blutungen kommen. Je länger eine Magendrehung besteht, desto grösser ist die Gefahr, dass auch Teile der Magenwand absterben. Durch die schlechte Blutzirkulation kommt es auch zur Minderdurchblutung der Herzkranzgefässe und zur Schädigung des Herzmuskels. Durch diese Schädigung und zirkulierende Toxine entstehen Herzrhythmus­störungen.

Klinische Anzeichen

Anfangs sind die Zeichen sehr undeutlich. Der Hund wird unruhig, beginnt hin und her zu laufen und versucht, durch häufiges Aufstehen und ­Hinlegen eine gemütliche Position zu finden. Die Symptome verstärken sich im weiteren Verlauf.
Die betroffenen Hunde versuchen zu erbrechen und würgen. Sie hecheln und sind apathisch. Zunehmende Unruhe, starker Speichelfluss, erschwerte Atmung und häufiges unproduktives Erbrechen kommen dazu. Die Hunde können auch einen aufgeblähten Bauch haben, dies ist aber im Früh­stadium oft nicht ersichtlich. Gewisse Hunde nehmen auch immer wieder die Gebetsstellung ein, um so den Druck auf den Bauch etwas zu lindern.
Die Mundschleimhaut wirkt durch das Kreislaufversagen blass. Ohne sofortige Behandlung verstirbt der Hund an Kreislaufversagen und Schock.

Mithilfe der sogenannten Gebetsstellung erhoffen sich betroffene Hunde Linderung.

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Risikofaktoren

Am häufigsten sind grosswüchsige und tiefbrüstige Hunde betroffen. Die Magendrehung besitzt ­auch eine erbliche Komponente. So sind Deutsche Doggen, Deutsche Schäferhunde, Leonberger, Neufundländer, Dobermann, Irish Setter, Boxer und Bernhardiner häufiger betroffen als andere Rassen. Deutsche Doggen haben laut Studien ein Erkrankungsrisiko von 30 bis 40 Prozent. Mit zunehmendem Alter steigt das Risiko einer Magendrehung, betroffene Hunde sind meist zwischen fünf und neun Jahre alt. Auch die Fütterung wurde zunächst als mögliche Ursache angenommen. Es wird empfohlen, bei Risikorassen das Futter auf mindestens drei Portionen aufzuteilen. Ob der Verzicht ­auf Bewegung unmittelbar nach der Fütterung vor einer Magendrehung schützt, konnte bis anhin nicht bewiesen werden. Moderate Bewegung nach der Fütterung soll laut Studien sogar vorbeugend wirken. Eine Magendrehung kann sich jedoch ­auch bei nüchternen Hunden in Ruhe entwickeln. Ebenso ein Risikofaktor scheinen entzündliche Darmerkrankungen und ein gieriges, nervöses Fressverhalten zu sein. Anders als bisher vermutet haben aber die Wetterlage und die Mondphasen keinerlei Einfluss auf das Auftreten einer Magen­drehung. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass grosse Hunde mit einem tiefen Brustkorb und stressanfälligem Charakter am ehesten zu einer Magendrehung neigen.

Risiko für grosse Hunde - die Magendrehung

Im Röntgenbild ist der aufgegaste und verdrehte Magen (dunkle Flecken) gut zu erkennen.

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Behandlung

An einer Operation führt kein Weg vorbei. Als Sofortmassnahme wird aber als Erstes versucht, den Kreislauf zu stabilisieren, während im Hintergrund alles für eine Operation vorbereitet wird. Zuerst wird ein venöser Zugang gelegt und mittels Infusionslösung das Herzkreislaufsystem stabilisiert. Durch die Flüssigkeitsinfusion wird der Blutdruck stabilisiert und Gewebe und Organe werden somit besser durchblutet. Ebenso werden Schmerzmittel und Antibiotika verabreicht. Als weiterer Schritt erfolgt die Dekompression des geblähten Magens. Nach einer kurzen aseptischen Vorbereitung wird eine grosslumige Kanüle in ­den Magen eingestochen. Durch die Kanüle kann Gas aus dem Magen entweichen. Dies reduziert momentan die Spannung auf die Magenwand und verbessert die Durchblutung der Organe kurzzeitig. Falls nötig, kann die Dekompression wiederholt werden.

Nach der ersten Stabilisierung wird der Hund vorsichtig in Narkose gelegt. Eine Magensonde ­wird durch die Speiseröhre in den Magen vorgeführt, um weitere Luft, Flüssigkeit und Futterbestandteile aus dem Magen zu entleeren. Die Entleerung erleichtert die Rückdrehung des Magens während der Operation. Die Bauchhöhle wird in der Mittellinie eröffnet. Als Erstes wird der Magen wieder in seine normale Position zurückgedreht. Danach wird der gesamte Bauchraum sorgfältig überprüft. Gegebenenfalls muss abgestorbenes Gewebe reseziert werden. Es wird auf alle Fälle geraten, nach erfolgreicher Zurückdrehung des Magens eine Gastropexie durchzuführen. Das bedeutet, dass die Magenwand an die Bauchwand festgenäht wird, ­um ein erneutes Drehen des Magens zu verhindern. Wird dies nicht gemacht, beträgt die Rezidivrate rund 80 Prozent. Nach korrekt durchgeführter Gastro­pexie sinkt die Rezidivrate auf ca. fünf Prozent.

Nach der Operation verbleibt der Hund noch einige Tage stationär, je nach Allgemeinzustand. Die Herzaktivität wird überwacht und allfällige Herzrhythmusstörungen behandelt. Die Infusionstherapie wird fortgeführt und adäquate Schmerzmittel gegeben. Hunde leiden nach einer Magen­drehung meist an starken Verschiebungen des Elektrolyt- und  Flüssigkeitshaushalts. Dies hat auch Einfluss auf den Säure-Basen-Haushalt. Durch die Minderdurchblutung des Magens während der Magendrehung kommt es nicht selten zu einer Gastritis, einer Magenentzündung, und in der Folge zu Erbrechen und Übelkeit, welche entsprechend behandelt werden muss.

Wie kann man einer Magendrehung vorbeugen?

Es wird empfohlen, das Futter bei Risikorassen auf drei Portionen aufzuteilen und von starker Bewegung direkt nach der Fütterung abzusehen. Zudem sollten die Hunde nicht erhöht gefüttert werden, der Napf sollte am Boden stehen. Da keine eigentliche Ursache für die Magendrehung bekannt ist, können die Empfehlungen zu Fütterung und Bewegung die Magendrehung nicht verhindern. Für Hunde aus den Risikogruppen sollte eine prophylaktische Gastropexie durchgeführt werden. Diese kann zum Beispiel bei der Kastration oder in einer separaten Operation durchgeführt werden. Damit kann eine Magendrehung nicht komplett ver­hindert werden, das Risiko sinkt jedoch deutlich.