Tipps zum Spielen mit dem Hund

Spielen mit dem Hund

Hunde, die miteinander ausgelassen spielen, zaubern den Menschen ein Lächeln auf das Gesicht. Sie sind dann so vollkommen in ihrer Welt und im Jetzt, sodass sie alles drum herum vergessen. Auch für den Menschen ist das Spiel mit seinem Vierbeiner ein Highlight.

Text: Sibylle Kläusler   Titelbild: alexei_tm/stock.adobe.com

Das gemeinsame Spielen ist nicht nur gut für die Bindung, es hält auch viele Chancen bereit, seinen besten Freund noch besser kennenzulernen, zu beobachten und mit ihm fein zu kommunizieren. Doch was tun, wenn der Hund beim Anblick eines Spielzeugs dermassen aufdreht, dass er grob wird, völlig ausser sich ist und der Mensch nur noch eine Statistenrolle einnimmt? Oder wenn der Vierbeiner im Gegenteil sämtliche Spielversuche des Menschen mit Verachtung quittiert? Ist es wahr, dass das Spiel mit dem Hund Aggressionen oder den Jagdtrieb fördert?

Wenn das Spiel überbordet

Eine Balance zwischen den Spielpartnern ist wichtig. Menschen, die das Spielzeug fast nur noch in Schutz bringen können, wenn es ihr Hund erblickt, verlieren schnell die Freude an der gemeinsamen Aktivität. Es ist schade, wenn aufgrund dieses Frustes nicht mehr mit dem Hund gespielt wird. Denn gerade übermotivierte Hunde oder Hunde mit einem sehr ausgeprägten Beutetrieb brauchen das Spiel, um sich körperlich auszutoben und dabei gleichzeitig den Respekt vor dem Spielpartner nicht zu vergessen. Bei solchen Hunden ist es sehr wichtig, als Mensch nicht in die Defensive zu geraten. Viel eigene Ruhe, Konzentration und eine gesunde gute Körperspannung sind die Basis, damit das Spiel wieder Freude macht. Der Spielgegenstand darf nicht weggezogen werden, sobald der Hund ihn packen will. Genau das fördert die Hektik nur weiter. Der Zweibeiner muss die Möglichkeit haben, wieder die Spielführung zu übernehmen und die Spielregeln neu zu definieren. Der erste Schritt ist das «Entschärfen» des Gegenstandes. Hunde, die sich auf den Gegenstand stürzen, sobald sie diesen sehen, müssen erst lernen, diesen in Ruhe zu lassen, wenn er z. B. ruhig auf dem Boden liegt. Der Hund lernt, zwischen Phasen der Aktion immer wieder in die Ruhe zu kommen. Das ist ein Lernprozess, der beim Menschen beginnt.

Was bei überbordenden Hunden überhaupt nicht funktioniert und keinen Lernprozess darstellt, ist das Bestechen. Oft versuchen die Menschen, den Hund mit Hilfe eines zweiten Gegenstandes oder mit Leckerli von dem Gegenstand abzubringen, den der Hund in Beschlag genommen hat. Doch darauf fallen die wenigsten rein. Die wissen, was sie an der ergatterten Beute haben. Es gibt sogar Vierbeiner, die eine blitzschnelle Strategie entwickelt haben: Sie lassen sich auf die Bestechung ein, nehmen die Leckerli an und packen sofort wieder den Gegenstand, wenn der Mensch nicht schnell genug ist. So wird das Spiel zu einem Wettrennen und Kräftemessen. Und das darf nicht das Ziel des Spiels zwischen Mensch und Hund sein. Der Einsatz von Leckerli und anderen Gegenständen kann hilfreich sein. Er muss jedoch einen Veränderungs- und Lernprozess in Gang setzen und den Hund in eine ruhigere und respektvollere Spielstimmung bringen.

Beim Ausgeben des Spielgegenstandes ist es wichtig, den Hund wissen zu lassen, dass man ihm den Gegenstand nicht streitig machen will.
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Das grosse Thema «Aus»

Das Ausgeben eines Spielgegenstandes soll auf Ruhe und Respekt beruhen, nicht auf Angst. Grobe Methoden, dem Hund das Auslassen beizubringen, sind weder nötig noch dauerhaft. Der Hund soll uns Menschen gerne einen Gegenstand geben. Zum Beispiel, damit das Spiel weitergeht. Der Grat zur Bestechung ist schmal. Manchmal wird dem Hund ein Leckerli unter die Nase gehalten, damit er den Gegenstand auslässt. Doch solange der Hund merkt, dass wir ihm den Gegenstand wegnehmen wollen, lässt er sich auf diesen Deal kaum ein. Es ist in einem ersten Schritt deshalb sehr wichtig, den Gegenstand in Ruhe zu lassen, wenn ihn der Hund ausgibt. Der Vierbeiner muss merken, dass ihm der Gegenstand nicht streitig gemacht wird, wenn er ihn ruhig loslässt.

Machen Sie sich nicht zum Clown

Warum spielt mein Hund nicht mit mir? Es ist frustrierend, alles für eine gemeinsame Aktivität zu tun und keine Reaktion zu erhalten. Leider herrscht oft die Meinung vor, der Mensch tue nicht genug dafür, den Hund zu motivieren. Doch, indem wir uns zum Clown machen, werden wir für den Vierbeiner nicht zwangsläufig interessanter. Im Gegenteil. Manchen Hunden vergeht der Appetit am Spielen ganz, wenn wir rumhüpfen, seltsame Laute von uns geben und den Gegenstand um uns schleudern. Meistens tun wir zu viel, nicht zu wenig. Und dadurch verliert das Spiel an Reiz. Hunde, die nicht aus sich herauskommen und mit uns spielen wollen, brauchen meistens nicht mehr Action, sondern mehr Spannung. Und Spannung entsteht aus Konzentration, Dynamik, kombiniert mit Langsamkeit. Was heisst das? Konzentration: Möchten wir unseren Vierbeiner davon überzeugen, dass das, was wir mit ihm machen möchten, spannend ist, dann brauchen wir die volle Konzentration für das Hier und Jetzt. Sind wir mit unseren Gedanken woanders, dann spielen wir weder echt noch glaubwürdig. Wir müssen also vollkommen im Moment versinken. Die Kombination von Dynamik und Langsamkeit ist ein weiterer wichtiger Faktor. Die Bewegungen des Spielgegenstandes müssen für den Hund interessant sein, nicht monoton. Sind wir für den Hund vorhersehbar, verliert er das Interesse. Das Ganze soll also spannend gestaltet werden. Haben wir z. B. einen Ball an einer Schnur, dann lassen wir den Ball erst mal ruhig am Boden liegen. Dann ruckeln wir ihn etwas, ziehen ihn zwei drei Mal schneller weg, nur ein paar Zentimeter, und lassen ihn nachher wieder ruhig liegen. Will ihn der Hund packen, ziehen wir ihn schnell weg.
Bei eher desinteressierten Hunden hat der Mensch die Tendenz, jede noch so kleine Spielgeste sofort dankbar anzunehmen und ihm das Objekt der Begierde gleich zu geben. Doch genau das kann für den Hund schnell langweilig werden. Fordern Sie ihn also ruhig, locken Sie ihn aus der Reserve, indem Sie am Gegenstand ebenso Interesse zeigen wie er. Jedes Spiel basiert auf Überraschungen, einem inszenierten «Konkurrenzkampf», auf kleinen Neckereien. Das ist bei Menschen so, und das ist bei Hunden so.

Oft zeigt sich, dass Hunde, die nicht mit ihren Menschen spielen wollen, auch sonst eher wenig Proaktivität ihrem Zweibeiner gegenüber zeigen. Sie holen sich vielleicht eine Belohnung ab und watscheln dann wieder davon. Futterstücke können entsprechend gut zur Aktivierung eingesetzt werden. Es geht auch da um die Überraschung des Hundes. Spicken Sie mal ein Futterstück an den Körper des Vierbeiners. Er wird wahrscheinlich verdutzt dreinschauen und dann nach dem Stück suchen. Werfen Sie ein Stück so, dass er es sehen und ihm nachjagen kann. Ein Mal nach rechts und dann wieder nach links. Verlangen Sie dabei immer wieder mal den Blickkontakt zu Ihnen. Schliesslich soll er wissen, von wo der Spass kommt. Sie dürfen unter keinen Umständen zum lebendigen Futterautomaten werden.

Fördert das Spiel den Jagdtrieb und Aggressionen?

Der Hund ist ein Beutejäger. Das ist seine Natur. Spielen ist Beute-Jagen. Spielen wir nicht mit dem Hund, aus der Angst heraus, er könnte mit dem Jagen beginnen, handeln wir wider die Hundenatur. Bis jetzt habe ich keinen einzigen vierbeinigen Vertreter kennengelernt, bei dem sich diese seltsame Theorie in der Praxis bestätigt hat. Der Jagdinstinkt ist im Hund angelegt. Doch man soll diesen schlafenden Instinkt nicht wecken? Nun, geweckt wird er wahrscheinlich bei der ersten Begegnung mit einem rennenden Tier, womöglich bei Nachbars Katze. Da stehe ich lieber früher auf, wecke den schlafenden Instinkt bewusst und nutze diesen, um das Abrufen sauber und griffig aufzubauen.

Auch die Theorie, dass beispielsweise Zerrspiele das Aggressionsverhalten eines Hundes fördern, kann ich durch meine Praxis-Erfahrungen nicht bestätigen. Da ist es – wie bei allem – wichtig, ein Gleichgewicht zwischen Geben und Nehmen herzustellen. Ein Mal ergattert der Vierbeiner den Gegenstand, das andere Mal bin ich der «Sieger». Respekt, Ruhe und konfliktfreies Spielen bilden die Basis.

Spielen ist bei sozial so stark entwickelten Tieren wie unsere Hunde es sind, enorm wichtig. Es fördert den Zusammenhalt, den gegenseitigen Respekt und die Kommunikation. Und: Es macht einfach grossen Spass!