demenz bei älteren hunden ist eine ernstzunehmende krankheit

Demenz bei älteren Hunden

Die Altersdemenz des Hundes ist eine ernstzu­nehmende Erkrankung und keinesfalls mit einer normalen Altersschwäche zu verwechseln. Der Fachausdruck für diese Erkrankung heisst Kognitives Dysfunktionssyndrom (KDS) und wird derzeit häufig unterdiagnostiziert.

Text: Dr. med. vet. Gaby Wyss / www.vettrust.ch   Titelbild: Sylvie Bouchard/sock.adobe.com

Gegen Altersdemenz bei Hunden kann etwas unternommen werden

Die Lebensqualität Ihrer senioren Fellnase kann merklich verbessert werden, mit dem Ziel, die Beziehung zu Ihrem treuen Begleiter möglichst lange so normal wie möglich zu erhalten.

Mehrere Studien haben gezeigt, dass jeder dritte Hund im Alter zwischen elf und zwölf Jahren und bis zu jeder zweite Hund im Alter ab 15 Jahren von Altersdemenz betroffen sein kann. Dabei können bei einem besonders schnellen Verlauf erste Anzeichen bereits im Alter von sechs Jahren auftreten. 

Das Kognitive Dysfunktionssyndrom ist eine unheilbare, fortschreitende, neurodegenerative Erkrankung. Unter Neurodegeneration kann man sich eine Veränderung der Gehirnstrukturen mit einer Verkümmerung der Nervenzellen und damit einem Verlust der normalen Gehirnfunktion vor­stellen. Die Gehirnstruktur wird durch Ablagerungen von verschiedenen Eiweissen verändert.
Zu diesen zählen Beta-Amyloid-Plaques und das Pigment Lipofuszin. Es gibt Hinweise auf Entzündungszeichen und die vermehrte Freisetzung von freien Radikalen, die ihrerseits zu einer Schädigung und fortschreitenden Degeneration von Gehirngewebe führen kann. Das Gehirngewebe ist besonders anfällig für Schädigungen durch freie Radikale. Zusätzlich führen die veränderten Gehirnstrukturen zu einem Ungleichgewicht zwischen den Neurotransmittern, welche für ein normales Verhalten im Alltag verantwortlich sind. Mit den beschriebenen Veränderungen im Gehirn ähnelt die Erkrankung stark der Alzheimererkrankung beim Menschen.

alzheimer bei hunden - was sie dagegen tun können

Beta-Amyloid-Plaques lagern sich im Gehirn an den Nerven­struk­turen ab und beeinflussen dadurch das Verhalten des Tiers.
Foto: Artur/stock.adobe.com

Wir sprechen also von einer fortschreitenden Gehirnerkrankung, die zu einer graduellen Abnahme der kognitiven Fähigkeit führt. Die Früherkennung ist ein wichtiges Element, um ein rasches Fortschreiten zu verhindern.    

Die Früherkennung bietet uns die Möglichkeit, durch gezieltes Training, Nahrungsergänzung und Medikamente das Fortschreiten der Erkrankung, wenn auch nicht aufzuhalten, zumindest deutlich zu verlangsamen und die Lebensqualität zu verbessern.

Wie können wir eine Erkrankung am Kognitiven Dysfunktionssyndrom erkennen?
Was ist mit veränderten kognitiven Fähigkeiten gemeint?

Wenn wir von kognitiven Fähigkeiten sprechen, meinen wir die Aufmerksamkeit, die bewusste Wahrnehmung, das Erinnerungsvermögen und die Lernfähigkeit, die ein Individuum mit sich bringt.

Veränderungen der kognitiven Fähigkeiten können sich wie folgt ankündigen

Desorientierung / Verwirrung

Die Tiere wollen etwas tun und scheinen plötzlich zu vergessen, was es war. Zum Beispiel möchten ­sie in den Garten, stehen dann draussen und ver­harren, als ob sie vergessen hätten, was sie gerade tun wollten. Oder ein monotones Umherlaufen, teilweise mit monotonem Vokalisieren, oder in Ecken starren kann beobachtet werden.

Veränderte soziale Interaktion mit Menschen oder anderen Tieren

Vertraute Personen und Tiere werden nicht mehr erkannt oder es erfolgt eine ungewohnte Begrüssung. Beim Zurufen können sie in die falsche Richtung schauen und haben Mühe, ihren Besitzer auf dem Spaziergang wiederzufinden.

Veränderung im Schlaf- / Wachzyklus

Normalerweise schlafen Hunde, ähnlich wie ihre Besitzer, die Nacht hindurch, wobei sie tagsüber zusätzliche Ruhephasen einlegen. Bei erkrankten Hunden kann sich dieses Verhalten ändern. Sie schlafen tagsüber vermehrt und haben nachts mehr Wachphasen bis zu längeren Phasen von Schlaf­losigkeit. Auch ein plötzliches Aufschrecken aus dem Schlaf sowie ein unruhiger Schlaf können auftreten.

Verlernen von Erlerntem

Grundsätzlich kann eine verminderte Lernfähigkeit und das Vergessen von Erlerntem wahrgenommen werden. Dies kann so weit gehen, dass auch die Stubenreinheit nicht mehr gegeben ist. Bekannte Befehle werden vergessen, oder es findet eine langsamere Reaktion und Ausführung des Kommandos statt. Wir dürfen dies also nicht mit «Sturheit im Alter» oder verminderter Hörfähigkeit verwechseln.

Veränderte Aktivität

Anfangs können vermehrte Schlafphasen und ein reduziertes Interesse an sozialer Aktivität, später gesteigerte Unruhe, Rastlosigkeit und Nachtwandern oder andere repetitive Verhaltensmuster beobachtet werden.

Zusätzlich können Angststörungen wie Trennungsängste, Geräuschphobien (Gewitter / Donner), vermehrtes Bellen, eine reduzierte Fellpflege und ein veränderter Appetit auftreten.

Die Früherkennung von Demenz ist ein wichtiges Element, um ein rasches Fortschreiten zu verhindern.

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Eine verminderte Lernfähigkeit oder das Vergessen von Erlerntem kann ein Anzeichen von Demenz sein.
Foto: Holly Michele/stock.adobe.com

Wichtig zu wissen

Wir müssen uns bewusst sein, dass es keine Heilung für das KDS gibt. Der Verlauf wird von verschiedenen Faktoren beein­flusst. Dementsprechend gibt es auch verschiedene Therapie­ansätze, die im Fokus stehen. Grundsätzlich gilt, wie beim Menschen auch, je früher damit begonnen wird, desto lang­samer schreitet die Erkrankung fort. Mit einer entsprechenden Therapie kann der Krankheitsverlauf verlangsamt werden.

Der erste Schritt liegt jedoch immer in einer Kontrolle bzw. Klärung anderer medizinischer Erkrankungen, die ihrerseits ähnliche Symptome verursachen können. Es ist zudem bekannt, dass Zahnerkrankungen sowie auch Gelenkserkrankungen eine Demenzerkrankung begünstigen können.

So kann Ihrem Hund geholfen werden

Die Auswahl der passenden therapeutischen Behandlung richtet sich nach den individuellen Bedürfnissen unserer Patienten und sollte sorgfältig ausgewählt werden. Folgende Therapieansätze stehen im Fokus:

Hilfestellung im Alltag

  • Einhaltung einer konstanten, regelmässigen Tagesstruktur.
  • Mentale / kognitive Stimulation: regelmässiges Üben ­
  • von Kommandos, Spielen, neue Spielzeuge hinzufügen, Such­spiele, Kauspielzeug.
  • Vermehrte / regelmässige Aktivität: Vermehrt kleine Spaziergänge zum Versäubern können helfen, die Stubenreinheit ­zu erhalten.  

Diätetische Massnahmen

Verschiedene wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass gezielte diätetische Massnahmen sowie Nahrungsmittelergänzungen nachweislich unterstützen können. Hierzu zählen zum Beispiel: Vitamin B, C und E, Beta-Carotin, Selen, mitochondriale Co-Faktoren (Alpha-Liponsäure und L-Carnitin), sowie essenzielle Fettsäuren (MCT, Omega-3-Fett­säuren / DHA).

Medikamente

Bei gewissen Patienten kann es sinnvoll sein, die eingeleiteten therapeutischen Massnahmen mit Medikamenten zusätzlich zu unterstützen. Bei Tieren, die sehr ängstlich sind oder deutliche Nachtaktivität zeigen, können Antidepressiva oder angstlösende Medikamente zum Einsatz kommen.

spezialfutter hunde mit demenz

Spezialfutter und Nahrungsmittelergänzungen bei Hunden können eine therapeutische Behandlung bei Demenz unterstützen.
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