Rechtsfragen rund ums Tierheim

Rechtsfragen rund ums Tierheim

Tierheime spielen für den praktischen Tierschutz eine sehr wichtige Rolle. Sie sind unentbehrlich bei der Aufnahme von Findel- und Verzichttieren, die bis zu ihrer Vermittlung und Neuplatzierung untergebracht und betreut werden. Zudem nehmen sie auch Tiere auf, deren Halter sich aus verschiedenen Gründen vorübergehend nicht um sie kümmern können. Rechtliche Fragestellungen können sich dabei sowohl für den Tierheimbetreiber, als auch für den Erwerber eines Tieres ergeben.

Text:  lic. iur. Andreas Rüttimann und Dr. iur. Michelle Richner   Titelbild: Roman Babakin / stock.adobe.com

Tierheime sind oftmals als Verein oder als von privaten Spendengeldern finan­zierte Stiftungen ausgestaltet oder gehören einer solchen an. Obwohl ihre wichtige Rolle unbestritten ist und sie die öffentliche Hand von zahlreichen Tierschutzaufgaben entlasten, erhalten sie hierzulande – wenn überhaupt – nur in sehr geringem Umfang staatliche Unterstützung. Um ihre Kosten möglichst tief zu halten, arbeiten Tierheime in der Schweiz deshalb häufig mit freiwilligen Helfern zusammen, die beispielsweise mit Hunden spazieren gehen oder Katzen mit Streicheleinheiten und Spielstunden verwöhnen.

Bewilligungs- und Ausbildungspflicht

Umfasst ein Tierheim mindestens sechs Pflegeplätze, ist für den Betrieb eine Bewilligung des kantonalen Veterinärdienstes erforderlich. Bei weniger Pflegeplätzen genügt eine einfache Meldung. Werden jedoch Tiere aufgenommen, für die wegen ihrer besonderen Ansprüche an Unterbringung und Pflege eine kantonale Haltebewilligung notwendig ist, gilt dies selbstverständlich wiederum auch für das Tierheim.
Für die Betreuer der Tiere besteht eine gesetzliche Ausbildungspflicht, wobei die Anforderung an die Ausbildung von der Anzahl der Pflegeplätze im Tierheim abhängt. In Tierheimen mit maximal fünf Pflegeplätzen genügt es, wenn die für die Tierbetreuung verantwortliche Person über jene Ausbildung verfügt, die für die Haltung der be­treffenden Tierart notwendig ist, bis 19 Pflegeplätze wird eine sogenannte fachspezifische berufsunabhängige Ausbildung (FBA) verlangt und bei mehr als 19 Pflegeplätzen eine Tierpflegerausbildung.

Einhaltung von tierschutz­rechtlichen Vorgaben

Selbstverständlich haben auch Tierheime die Tierschutzvorschriften über die Haltung von und den Umgang mit Tieren zu beachten. Dies gilt etwa für die Grösse und Ausstattung der Gehege, die Fütterung und die Pflege der Tiere oder auch für die Gewährung von Sozialkontakten. Um die Gesundheit der Tiere bestmöglich zu gewährleisten, ist es unumgänglich, dass die Gehege und Ausläufe regelmässig gereinigt und desinfiziert, Futtermittel kühl gelagert und Abfälle entsorgt werden. Zur Verhinderung der Verbreitung von Krankheiten sind zudem isolierte Quarantänestationen empfohlen, wo neu aufgenommene Tiere untergebracht werden, bis ihr Gesundheitszustand abgeklärt ist und sie nötigenfalls geimpft, entwurmt oder anderweitig behandelt werden können. Vor allem Findeltiere sind potenzielle Krankheitsüberträger, weil ausser dem Fundort meistens nichts über sie bekannt ist.

Der kantonale Veterinärdienst kontrolliert Tierheime mindestens alle zwei Jahre unangemeldet, wobei das Kon­trollintervall auf fünf Jahre ausgedehnt werden kann, wenn es bei zwei aufeinanderfolgenden Kontrollen zu keiner Beanstandung gekommen ist. Stellt das Veterinäramt jedoch Verstösse gegen die Tierschutzgesetzgebung fest, wie etwa Mängel in der Tierhaltung oder ungenügend ausgebildetes Pflegepersonal, ordnet es die nötigen Massnahmen an. In gravierenden Fällen können diese bis zur Beschlagnahmung der Tiere oder dem Entzug der Betriebsbewilligung reichen. Sofern es sich nicht lediglich um einen leichten Verstoss handelt, muss der Veterinärdienst zudem auch eine Strafanzeige bei der Polizei erstatten.

Aufnahme von Verzichttieren

Wenn ein Halter sein Tier abgibt, weil er sich nicht mehr um dieses kümmern will oder kann, spricht man von einem Verzichttier. Tierheime nehmen Verzichttiere zwar wenn immer möglich auf; dazu verpflichtet sind sie aber nicht. Wenn sie ein Tier ablehnen, liegt das oft an seinem schlechten Gesundheitszustand, einem ungenügenden Impfschutz, aggressivem Verhalten des Tieres oder an der fehlenden Kapazität des Heims.

Die Betreuung, medizinische Versorgung und Weitervermittlung von Verzichttieren ist aufwendig und kostenintensiv. Ein Tierheim verlangt deshalb von einem Halter, der sein Tier abgeben möchte, üblicherweise einen Unkostenbeitrag, der je nach Tierart unterschiedlich hoch sein kann. Aus Beweisgründen muss der Tierhalter zudem in der Regel eine Erklärung unterschreiben, dass er auf jegliche Eigentumsansprüche am Tier vorbehaltlos verzichtet. Damit wird das Tierheim Eigentümer des Tieres, womit alle damit verbundenen Rechte und Pflichten auf das Heim übergehen. Dies bedeutet vor allem, dass es rechtlich über das Tier verfügen und dieses sofort an einen neuen Halter vermitteln kann. Der verzichtende Tierhalter hat dann auch keinen Anspruch mehr darauf, zu erfahren, wohin dieses platziert wird.

Umgang mit Findeltieren

Tierheime sind oft auch die erste Anlaufstelle für entlaufene oder ausgesetzte Tiere, deren Eigentümer nicht sofort festgestellt werden können. Wer ein solches Tier findet, kann dieses entweder bei sich zu Hause aufnehmen oder im Tierheim abgeben. In jedem Fall ist der Fund unverzüglich dem Eigentümer des Tieres oder, wenn dieser nicht bekannt ist, der zustän­di­gen kantonalen Meldestelle anzuzeigen.

Mit der Meldung beginnt eine Frist von zwei Monaten zu laufen, während der der Eigentümer sein Tier vom Finder zurückverlangen kann. Bringt der Finder das Tier in ein Tierheim, beginnt die zweimonatige Frist von diesem Zeitpunkt an von Neuem zu laufen. Kann der Eigentümer auch innerhalb dieser zweiten Frist – das heisst maximal innerhalb von vier Monaten, seit das Tier entlaufen ist – nicht ermittelt werden, geht das Eigentum am Findeltier auf das Tierheim über, das dann berechtigt ist, über dieses zu verfügen. Meldet sich der Eigentümer hingegen rechtzeitig und will sein vermisstes Tier im Tierheim abholen, muss er dem Heim eine Aufwandentschädigung für Futter, Unterkunft und Tierarzt sowie dem eigentlichen Finder einen Finderlohn bezahlen.

Im Gegensatz zu abgegebenen Verzichttieren geht das Eigentum bei Findeltieren somit nicht sofort auf das Tierheim über. Dies wirkt sich auf die Weitervermittlung aus: Wird das Tier aus Platzgründen oder um ihm einen längeren Aufenthalt im Tierheim zu ersparen vor Ende der zweimonatigen Frist an einen neuen Halter übergeben, muss das Tierheim diesen informieren, dass er das Tier bis zum Ablauf der Frist herausgeben müsste, sollte sich der ursprüngliche Eigentümer melden. Bis dahin kann ein Findeltier also nicht zu Eigentum übertragen, sondern nur provisorisch zur Pflege anvertraut werden.

Übernahmevertrag mit dem neuen Halter

Nicht nur der Tierheimbetreiber, sondern auch der Erwerber eines Tierheimtieres hat sich mit rechtlichen Fragestellungen auseinanderzusetzen. Zwischen dem Tierheim und dem neuen Halter wird jeweils ein Übernahme- oder Tierplatzierungsvertrag geschlossen, in dem ein Kaufpreis beziehungsweise eine Übernahmegebühr vereinbart wird. Tierheime sind bestrebt, das Tier geimpft und allenfalls kastriert sowie im Fall von Hunden auch gechippt abzugeben. Bei Hunden und Katzen (sowie auch bei Frettchen) erhält der neue Tierhalter zudem den Heimtierpass.

Dem neuen Halter kann eine Probezeit von beispielsweise einem Monat gewährt werden, während der er die Möglichkeit hat, vom Vertrag wieder zurückzutreten. Damit soll verhindert werden, dass ein Tier, das sich nach der Eingewöhnungszeit plötzlich von einer anderen Seite zeigt, bei einem überforderten Halter bleiben muss oder von diesem sogar ausgesetzt wird. Kommt der neue Halter während der Probezeit zum Schluss, dass er das Tier nicht behalten kann oder möchte, nimmt das Tierheim es wieder zurück.

Mehr über Tierübernahmeverträge erfahren

Weitere vertragliche Pflichten

Oftmals räumt sich ein Tierheim im Kauf- beziehungsweise Übernahmevertrag das Recht ein, bei begründetem Verdacht auf eine tierschutzwidrige Haltung oder einen Verstoss gegen die vertraglichen Abmachungen die Tierhaltung zu besichtigen und das Tier zur vertraglich festgelegten Summe zurückzukaufen, falls sich der Verdacht bestätigt. Ohne eine solche Vereinbarung besteht hingegen keine Möglichkeit, ein einmal abgegebenes Tier zurückzufordern. In einem solchen Fall kann das Tierheim den Verdacht auf eine Verletzung der Tierschutzgesetzgebung nur noch dem kantonalen Veterinärdienst melden oder eine Strafanzeige bei der Polizei einreichen.

Häufig wird auch vereinbart, dass der neue Eigentümer das Tierheim innerhalb einer bestimmten Frist über das Entlaufen oder den Tod des Tieres sowie über einen allfälligen Wohnortwechsel informieren muss. Zudem wird oft ausdrücklich festgehalten, dass das Tier nicht ohne zwingende tierärztliche Gründe eingeschläfert werden darf. Zur Sicherstellung solcher Abmachungen wird üblicherweise eine Konventionalstrafe – beispielsweise in der Höhe von 500 Franken – vereinbart, die bei Verletzung der vertraglichen Pflichten zu bezahlen ist.

Stiftung für das Tier im Recht (TIR)

Spendenkonto PC 87-700700-7
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www.tierimrecht.org