Adoption von Tieren aus dem Tierheim

Adoption von Tieren aus dem Tierheim

Ein Leben ohne Haustier ist möglich, aber bestimmt nicht so schön wie mit einem vierbeinigen Begleiter – so denken viele Tierfreunde und wünschen sich an ihrer Seite einen Hund, eine Katze oder ein anderes Haustier.

Der Entscheid, ein Tier zu sich zu holen, ist meist schnell gefasst. Manchmal auch zu schnell, denn mit einem Tier übernimmt man auch die Verantwortung für dessen Wohlbefinden, und dies, je nach Tierart und Alter des Tieres, für mehrere Jahre oder sogar Jahrzehnte.

Nicht emotionale und optische Kriterien sollten bei der Wahl des neuen Gefährten im Vordergrund stehen. Viele weitere Punkte sind vorab zu klären. Idealerweise überprüft man alle wesentlichen Fragen, bevor man sich auf die Suche nach dem zukünftigen Freund macht, damit es hinterher keine bösen Überraschungen, Enttäuschungen oder gar eine ungeplante Trennung gibt.

Zuerst heisst es, Fragen klären

Folgende Gedanken muss man sich vor der Anschaffung eines Haustieres machen: Warum möchte ich ein Tier und wieso gerade dieses? Welche Erwartungen habe ich? Sind meine Vorstellungen realistisch? Kenne ich die Bedürfnisse meines Tieres? Sind alle Familienmitglieder mit der Anschaffung des Tieres einverstanden? Habe ich genügend Zeit für das Tier und was mache ich in den Ferien? Sind andere tierische Mitbewohner kompatibel mit dem neuen Hausgenossen? Habe ich genügend Platz? Wie stellt sich der Vermieter zur geplanten Tierhaltung? Habe ich die finanzielle Belastung genau kalkuliert und auch Reserven berücksichtigt? Das Thema «Kosten» darf nicht unterschätzt werden. Die jährlich anfallenden Aufwendungen für einen Hund oder eine Katze belaufen sich schnell auf eine vierstellige Summe. Hinzu kommen weitere Auslagen für Tierarzt, Ferienplatz, etc. Es empfiehlt sich grundsätzlich bei allen Tieren, sich vorab durch Fachliteratur über die Bedürfnisse der einzelnen Tierart zu informieren!

Sind alle Vorfragen geklärt, steht der Suche nach dem Wunschgefährten nichts mehr im Weg. Doch nun kommt die eigentliche Herausforderung: Wo findet man sein Wunschtier?

Die Suche kann beginnen

Gibt man bei Google den Begriff «Tiervermittlung» ein, erscheinen über 800 000 Resultate. Auf unzähligen Seiten werden «arme, liebe, verschmuste, süsse, heimatlose» Tiere angepriesen. Züchter, Tierschutzorganisationen, Privatleute und Tierheime bieten auf diesem Weg Tiere an und allzu oft verliebt man sich spontan in die schönen Augen des Vierbeiners, die einem im Internet so treu entgegenblicken. Aber Achtung: Im Netz tummeln sich auch viele unseriöse Anbieter, die nur auf das schnelle Geld aus sind und gutgläubige Tierfreunde ausnutzen. Die Gefahr besteht, dass man nicht nur ein krankes oder verhaltensauffälliges Tier adoptiert, sondern sogar Tierquälerei unterstützt. Deshalb ist Vorsicht geboten!

Tierheimhunde

Vorteile bei lokalen Tierheimen

In der Schweiz gibt es zahlreiche gut geführte Tierheime. Warum also nicht zuerst vor Ort in einem Tierheim nach dem zukünftigen Begleiter Ausschau halten, wo man sich auch gleich ein persönliches Bild machen kann?

Um die Bewohner des Tierheimes kennen lernen zu können, vereinbart man am besten einen Besuchstermin und nimmt die gemeinsam mit der Familie erstellte Checkliste mit. Schweizer Tierheime werden von ausgebildeten Fachpersonen wie beispielsweise Tierpflegern geführt. Das Personal beschäftigt sich intensiv mit den Tieren und beobachtet sie im täglichen Umgang mit Artgenossen und Menschen. Meist kennen sie die Lebensgeschichte der Tiere und können unter anderem auch sagen, ob der Hund, den man gerade streichelt, sich mit Katzen verträgt, wie er mit Kindern sozialisiert ist oder wie gut er schon erzogen ist.

Zudem können weitere Fragen geklärt werden wie z. B.: Eignet sich der Hund für ein älteres Ehepaar oder benötigt er viel Auslauf und kommt am besten zu einem Halter, der mit ihm Hundesport ausüben möchte? Hat er traumatische Erlebnisse gehabt, die er noch verarbeiten muss? Wie ist sein Gesundheitszustand? Vielleicht braucht er täglich Medikamente. Ist das Büsi ein Freigänger oder kann es in der Wohnung gehalten werden? Braucht es tierische Gesellschaft oder will es lieber eine Einzelkatze sein? Ist es verschmust, verspielt, eher zurückhaltend oder zeigt es seinen Unmut vielleicht auch mal durch Kratzen oder Beissen?

Natürlich besteht immer auch die Möglichkeit, dass man wenig oder keine Informationen über die Herkunft und die früheren Lebensumstände eines Tieres bekommt, insbesondere bei Tieren, die ursprünglich aus dem Ausland stammen. Entsprechend muss man sich vor der Entscheidung ernsthaft fragen, ob man gewillt ist und auch das nötige Wissen und die Erfahrung hat, um mit besonderen Herausforderungen umzugehen. Gerade Hunde und Katzen, die sich vielleicht jahrelang alleine auf der Strasse über Wasser halten mussten, brauchen ein gut strukturiertes Zuhause, in welchem ihnen mit viel Geduld, Erfahrung und Zuneigung ein «zweites Leben» geboten wird.

Drum prüfe, wer sich ewig bindet

Schweizer Tierheime bieten den grossen Vorteil, dass man den potentiellen Gefährten mehrmals besuchen kann, bevor man sich für eine gemeinsame Zukunft entscheidet. Man kann mit dem favorisierten Hund Gassi gehen und ihn vielleicht auch einmal übers Wochenende mit nach Hause nehmen. So hat man die Möglichkeit, in Alltagssituationen das Verhalten des Hundes (und sein eigenes) zu beobachten und einen ersten Eindruck davon zu bekommen, wie das künftige Leben mit ihm aussehen könnte. Hat man ein Tier ins Herz geschlossen und möchte diesem ein neues Zuhause geben, wird in der Regel ein Vertrag unterschrieben, in welchem die Details der Übernahme geregelt werden. Darin findet sich meist auch die ausdrückliche Bestimmung, dass das Tierheim das Tier zurücknimmt, sollte sich das Zusammenleben doch nicht so gestalten, wie man es sich vorstellt. Denn es ist trotz seriöser Vorbereitung möglich, dass sich erst nach ein paar Tagen herausstellt, dass beispielsweise der Hund, der im Tierheim scheinbar unproblematisch war, sich in der neuen Umgebung aggressiv zeigt oder ängstlich reagiert, wenn die Kinder des Nachbarn im Garten spielen. Oder das Büsi kommt mit seinem neuen Katzenfreund doch nicht zurecht.

Ein Plädoyer: «Oldies are Goldies»

Viele Tierfreunde mit Herz ziehen den Vierbeiner aus einem Tierheim einem solchen aus einer Zucht vor. Vor allem, wenn man einen erwachsenen oder schon älteren Hund möchte, der die ungestüme Welpen- und Junghundezeit schon durchlebt hat, stehen die Chancen sehr gut, im Tierheim einen treuen, gut erzogenen Begleiter zu finden. Unzählige glückliche Hundebesitzer können dazu ihre eigene schöne Geschichte erzählen.

Aber wie enden all diese Tiere überhaupt in den Tierheimen? Hunde, Katzen und andere Tiere werden aus den unterschiedlichsten Gründen im Tierheim abgegeben: Allergien, ein Baby erfordert die ganze Aufmerksamkeit, Scheidung, Wohnungswechsel oder der Umzug ins Altersheim, Todesfälle, Jobwechsel etc. Die Gründe sind so vielfältig wie die Tiere selber. Diese Tiere sind meist ganz normale, friedfertige und menschenfreundliche Vierbeiner, die sich in einer neuen Familie schnell einleben. Gerade ältere Hunde zeigen sich oft unendlich dankbar über die zweite Chance, die sie unglücklicherweise nur allzu selten kriegen, weil der Wunsch nach einem süssen Welpen meist stärker ist. Leider müssen deshalb ältere Tiere ihren Lebensabend oft ohne Familienanschluss im Tierheim verbringen. Die Regel «Oldies are Goldies» gilt im Übrigen für alle Tiere!

Neben dem Alter sind auch Krankheiten oder Verhaltensauffälligkeiten grundsätzlich kein Grund, einem Tier die Chance auf Adoption zu verweigern. Solche Tatsachen müssen dem zukünftigen Halter einfach bekannt sein, damit er sie verstehen und sich entsprechend darauf einrichten kann.

Unterstützung bei der Auswahl des «Lieblings»

Eine sehr gute Möglichkeit, sich bei der Wahl fachmännisch unterstützen zu lassen, besteht darin, sich an eine Fachperson in Sachen Tierpsychologie zu wenden, die Sie auch ins Tierheim begleitet und mit Rat zur Seite steht. Die tier­psychologischen Berater des Fachverbandes V.I.E.T.A (www.turner-iet.ch/de/vieta.php) beispielsweise sind auch darin ausgebildet, künftigen Haltern bei der Suche nach dem passenden Begleiter zu helfen. Denn manchmal zeigen Tiere unübliche Verhaltensweisen, die von einem Laien nicht sofort erkannt werden. Ferner gibt es erkennbare Verhaltensauffälligkeiten, die aber mit etwas Geduld und Training korrigiert werden können. Auch später nach der Entscheidung, wenn es darum geht, das Tier in die neue Umgebung zu integrieren, damit es sich im neuen Zuhause wohlfühlt, sollte man diese Möglichkeit der Hilfe in Erwägung ziehen.

Die häufigsten unerwünschten Verhaltensweisen

Folgende unerwünschten Verhaltensweisen können immer wieder beobachtet werden:

  • Aggression gegenüber Artgenossen: Die Ursache dafür kann eine ungenügende Sozialisierung während der ersten drei Lebensmonate sein, aber auch ein Fehlverhalten des vorherigen Besitzers. Konsequentes Training und Desensibilisierung führen hier fast immer zum Ziel.
  • Bellen/Heulen bei Einsamkeit (z. B. wenn alleine zuhause): Vor allem bei älteren Hunden ist das eine sehr gros­se Herausforderung für den neuen Besitzer. Dieser muss sehr viel Geduld und Training aufwenden, um dieses Problem zu lösen. Ein intensives Training bringt den gewünschten Erfolg und zusätzlich wird in dieser Zeit eine sehr starke Bindung zwischen Hund und Mensch erzielt.
  • Übermässiger Jagdinstinkt: Hunde jagen dabei alles, was sich bewegt, z.B. Katzen, Fahrräder, Skateboards, rennende Kinder, Jogger, Autos und vieles mehr. Wertvoll sind hier Hintergrundinformationen über das bisherige Leben des Hundes. Musste er früher jagen, um zu überleben, oder wurde er vielleicht sogar vom ehemaligen Besitzer ermuntert, die Katzen aus der Nachbarschaft zu vertreiben? Das Jagen liegt in der Natur jedes Hundes. Seit jedoch wir Menschen für sein Futter sorgen, sind wir dafür verantwortlich, den unerwünschten Jagdtrieb zu kontrollieren. Keine einfache Herausforderung, aber auch hier mit den richtigen Massnahmen lösbar.
  • Markieren oder Unsauberkeit bei Katzen: Stress, Frustration und Angst führen bei Katzen manchmal zu Unsauberkeit, positive oder negative Aufregung zum Markieren mit Harn. Auch innerartliche Aggressionen oder andauernde Angstverhalten werden oft beobachtet. Mit Geduld und Fachkompetenz kann man solche Probleme jedoch meist aus der Welt schaffen.

Selbstverständlich treten diese und viele weitere unerwünschte Verhalten nicht nur bei Tieren aus dem Tierheim auf. Im Gegenteil: Auch wer sich ein Tier beim Züchter kauft, hat keine Garantie, dass dieses sich zum «perfekten» Begleiter entwickelt.

Es bleibt nicht beim Anschaffungspreis

Je nach Tierheim und abhängig davon, ob das Tier kastriert, männlich oder weiblich ist, muss man mit einem Anschaffungspreis von CHF 250.– bis 700.– rechnen. Dazu wird meist ein Tierübernahmevertrag unterzeichnet. Selbstverständlich freuen sich die Tierheime über jede Spende, denn die Kosten, ein gutes Tierheim zu führen, sind enorm hoch. Dass der Anschaffungspreis, gemessen an einem ganzen Hundeleben, den kleinsten Posten ausmacht, liegt auf der Hand. Ist man finanziell nicht vollends auf Rosen gebettet und möchte sich dennoch ein Tier halten, sollte der Abschluss einer Tierversicherung geprüft werden. Oder man richtet sich ein Tier-Sparkonto ein, auf welches man in guten Zeiten regelmässig etwas einzahlt, damit man im Krankheitsfall auf einen Notgroschen zurückgreifen kann.

Auch Samtpfoten haben Bedürfnisse

Hat man wenig Zeit für ein eigenes Haustier, denken viele Menschen an die Anschaffung einer Katze, weil diese bekanntlich sehr selbstständig sind. Obwohl Katzen immer noch der Ruf von Einzelgängern nachhängt, wünschen sich jedoch die meisten Katzen Kontakt zu Artgenossen und zu Besitzern, die ihnen Zuneigung und Zeit schenken. Deshalb empfiehlt es sich insbesondere bei Jungkatzen, immer mindestens zwei Miezen ein Zuhause zu bieten. Dass Katzen viel schlafen, ist oft darin begründet, dass sie ein sehr langweiliges und reizloses Leben führen müssen. Deshalb sollte man sich ernsthaft überlegen, ob man – vor allem bei einer Wohnungshaltung – auch bereit ist, den Tieren entsprechend viel Aufmerksamkeit und Abwechslung zu bieten, und sich sonst zu fragen, ob sie nur als hübsches Accessoire dienen sollen. Im letzteren Fall lässt man im beidseitigen Interesse wohl besser die Finger davon.

Im Interesse des Tieres

Ab und zu hört man, dass potentielle Tierhalter von einem Tierheimbetreiber abgelehnt werden und kein Tier bekommen, weil sie für nicht geeignet gehalten werden, dem Hund oder der Katze ein artgerechtes Leben zu ermöglichen. Denn seriöse Tierheime machen im Interesse des Tieres und des Tierschutzes vorab eine entsprechende Prüfung. Manchmal sind die Gründe für eine Ablehnung aber nicht ganz nachvollziehbar. Mit den nötigen Vorkehrungen könnte auch eine berufstätige Person eine gute Hundehalterin werden und eine betagte Tierfreundin einem Büsi noch ein wunderbares Zuhause bieten.